Vom Vererben und Erben.

Am Wochenende war ich im Theater: Nawal hinterlässt ein rätselhaftes Testament. Sie hinterlässt ihrer Tochter Jeanne einen Brief, den sie dem tot geglaubten Vater überbringen soll. Ihr Zwillingsbruder Simon erhält ein Schriftstück, das an einen Bruder gerichtet ist, von dessen Existenz die Kinder bisher nichts wussten. Jeanne nimmt das Erbe nach einigem Widerstand an und stellt sich der Aufgabe. Simon widmet sich seinem eigenen Leben und will mit seiner verstorbenen Mutter und deren Geschichte zunächst nichts zu tun haben. Bis sie gemeinsam die Geheimnisse ihrer Familie entwirren.

Abgesehen von den erstklassigen Schauspielern (Isabella Vertes-Schütter, Theresa Rose und Kostja Ullmann) und der hervorragenden Inszenierung (Albert Lang) hat mich die geradezu epische Story (Wajdi Mouawad) sehr berührt. Wirft sie doch genau die Fragen auf, die beim Generationswechsel im Familienunternehmen aufkommen:

Wie gehen wir um mit dem Vermächtnis unserer Vorfahren? Nehmen wir das Erbe an? Sind wir verpflichtet dazu? Oder können wir es ausschlagen? Wie schaffen wir es, unseren eigenen Weg zu finden, auch wenn alle anderen Familienmitglieder anderer Meinung sind? Wie gehen wir mit der Verantwortung um?

Nachkommen von Unternehmerfamilien stehen vor großen Herausforderungen mit weitreichenden Entscheidungen. Ein Erbe anzutreten kann wunderbar sein. Ein Geschenk, ein glückliches Schicksal, das Unternehmen der Vorgängergeneration weiter führen zu dürfen. Ebenso aber überfordernd, einengend und mit ungewissem Ausgang.

Wie finden Unternehmerkinder ihren Weg? Und ist dieser vorgezeichnet oder selbstbestimmt?

Vor drei Wochen hatte ich das intensive Erlebnis, zehn junge Menschen im Alter von 20 bis 30 Jahren genau bei dieser Fragestellung zu begleiten. Die EQUA-Stiftung veranstaltet dreimal im Jahr ein Forum für Nachfolger und Erben von Familienunternehmen. Und einmal wieder wurde es deutlich: auf diese Fragen gibt es keine Antwort außerhalb von uns, die uns Anwälte oder Berater geben können. Die Antwort darauf findet jedes Unternehmerkind in sich. Auffallend war, dass alle Teilnehmer sich sehr bewusst dieser Entscheidung stellten, ihre eigenen Ziele und Erwartungen reflektieren und von den Erwartungen und Aufträgen der Vorfahren differenzierten. Und dass alle Teilnehmer sich in einem Prozess sahen. Ein Entscheidungsprozess, dessen Ende erreicht ist, wenn das Gefühl für die Entscheidungen eindeutig und klar ist – ob für oder wider das Erbe.

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