Sie sind eine Unternehmerfamilie? Haben Sie sich schon einmal überlegt, welche Rolle das Familienunternehmen in Ihrem Leben und in Ihrer Familie hat?

 

Die Bedeutung, die Sie persönlich dem Unternehmen zu sprechen, hat entscheidend damit zu tun, auf welche Art und Weise Ihre Familie die Grenze zwischen Familie und Unternehmen zieht und lebt. Je durchlässiger diese Grenze ist, desto eher haben Sie das Gefühl, der Betrieb wäre eine Art Familienmitglied. Und je geschlossener die Grenze ist, desto eher empfinden Sie das Unternehmen als fremd und als weniger wichtigen Bestandteil Ihrer Lebenswelt.

Wie ist es für Sie? Wie nah ist Ihnen die Firma? Haben Sie schon als kleines Kind am Wochenende dort durch die Hallen getobt? Als Jugendliche dort Ihren ersten Euro verdient? Oder kennen Sie den Betrieb nur aus der Ferne? Wissen, dass Ihr Vater oder Ihre Mutter dort die Fäden in der Hand halten oder Gesellschafter eines Familienunternehmens mit deren Geschwistern sind?

Isabell Stamm hat den Alltag verschiedener Unternehmerfamilien erforscht und beschreibt diese Ergebnisse in ihrem Buch „Unternehmerfamilien. Über den Einfluss des Unternehmens auf Lebenslauf, Generationsbeziehungen und soziale Identität“ (Verlag Barbara Budrich 2013). Sie macht drei verschiedene Typen aus, die auf verschiedene Arten und Weisen die aktive Grenzarbeit zwischen Unternehmen und Familie leben.

Typ Verschmelzung:

Die Grenzen zwischen Unternehmen und Familie verschwimmen. „In der Familie wird Firma gelebt“. Man geht davon aus, dass das Unternehmen robuster ist, wenn sich die Familienmitglieder aktiv einbringen und dort Aufgaben tragen. So wird auch davon ausgegangen, dass der ideale Nachfolger aus den Reihen der Familie kommt. Die Senioren stellen sich so lange wie möglich der Nachfolgegeneration als Berater zur Verfügung. Als Gesellschafter werden ausschließlich Familienmitglieder zugelassen. Ein gutes Beispiel dafür sind Restaurants in Familienhand. Hier ist der Speisenraum ein selbstverständlicher familiärer Raum, hier treffen sie Freunde, frühstücken miteinander, streiten sich. In diesem Typ lässt sich zum Beispiel auch die Balance zwischen der Mutter- und Unternehmerrolle gut leben – das Baby kommt mit ins Büro, die Mutter nutzt flexible Zeiteinteilung und auch der Vater ist im Betrieb angestellt.

Typ Festung:

Die Grenze zwischen Betrieb und Familie ist strikt und eindeutig. Es wird davon ausgegangen, dass das Unternehmen weniger anfällig ist, wenn keine Familienangehörigen dort tätig sind. Die Kinder werden vom Unternehmen fern gehalten und der Nachfolger wird nicht in den eigenen Reihen sondern auf dem freien Markt gesucht. Unternehmensanteile sind nicht notwendiger Weise an die Nachkommen zu vererben, der Verkauf der Anteile ist eine mögliche Unternehmensnachfolgeregelung. In dieser Logik sind die Familienmitglieder nicht automatisch berechtigt, finanziell am Unternehmen zu profitieren. Dieser Typ zeigt sich zum Beispiel darin, dass Wohnen und Arbeiten an völlig voneinander getrennten Orten stattfinden, es gibt also eine räumliche und physische Distanz zum Unternehmen. Die Familie wird als Rückzugsort und Raum zur Privatheit und Regeneration angesehen. Hier finden keinerlei Gespräche über unternehmerische Geschehnisse statt.

Typ Zwei Kerne:

Bei diesem Typ gibt es zwar Grenzen, diese sind jedoch durchlässig und flexibel. Alle Beteiligten sind Jongleure von Familie und Unternehmen und versuchen eine Balance zwischen beiden zu halten. Ihnen ist es gleichgültig, ob die Kinder Kontakt zum Unternehmen haben, sie fördern ihn nicht und beschränken ihn nicht. Man geht davon aus, dass die Nachkommen sich aus freien Stücken für den Betrieb interessieren können und dann auch dürfen. Die Nachfolge ist dementsprechend auch gänzlich offen und auch mit familienexternen Geschäftsführern vorstellbar. Treten die Junioren ins Unternehmen ein, wird Wert darauf gelegt, dass sie eine zum Betrieb passende Ausbildung absolvieren und sich von „ganz unten“ hoch arbeiten. Eine Anteilsübergabe wird nicht notwendiger Weise verbunden mit dem Tod des Inhabers sondern kann weit vorher erfolgen. Typischer Weise findet in diesen Familien am Abendbrottisch zwischen Vater und Junior nur so lange das berufliche Gespräch statt, bis die Mutter aus dem Kern Familie der Unterhaltung eine Grenze setzt. Unternehmen und Familie bilden hier miteinander oft eine große, verschwimmende Grauzone. Gleichzeitig haben sich einerseits ein Unternehmensbereich und andererseits ein Familienbereich institutionalisiert, die strikt voneinander getrennt sind, wie z.B. Familientage, Feiertage und das gemeinsame Abendessen bei denen nicht über die Firma gesprochen wird.

Wenn Sie sich überlegen, wie das in Ihrer Unternehmerfamilie ist, dann machen Sie sich zunächst klar, dass keine Unternehmerfamilie dieser Welt einem dieser dargestellten Typen zu hundert Prozent entspricht. Dies sind sogenannte Stereotypen, die allein zur Reflexion der eigenen Art und Weise der Grenzziehung dienen, die ganz sicher eine Mischform der drei Typen darstellt.

Bei welchem Typ erkennen Sie sich wieder? Welcher Abgrenzungstyp sind Sie auf keinen Fall? Es ist durchaus interessant, sich dies für die eigene Unternehmerfamilie einmal bewusst zu machen. Allein, um daraus Erkenntnisse für den Umgang mit Grenzen in der Ihrer Zukunft zu ziehen.

Wünschen Sie Unterstützung dabei? Dann rufen Sie mich gern. Im Coaching lässt sich das gemeinsam gut ergründen.

Weitere Informationen zum Thema finden hier: Familienverfassung – sich ein gemeinsames Regelwerk geben.

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